Integrationsmanager:innen beraten nun auch Geflüchtete aus der Ukraine

die:gemeinde – Ausgabe 15.03.2022

Der Ukraine-Krieg wirkt sich nun auch auf die Kommunen in Baden-Württemberg aus. Das Sozialministerium hat am Freitag beschlossen, dass kommunale Integrationsmanager:innen ab sofort auch Geflüchtete aus der Ukraine beraten. Der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg (LAKA BW) begrüßt den Schritt ausdrücklich, weist gleichwohl auf die großen Herausforderungen hin, die den Kommunen nun bevorstehen.

„Aufgrund der dynamischen Fluchtbewegung ist noch nicht absehbar, wie viele Menschen vor dem Krieg in der Ukraine nach Baden-Württemberg flüchten werden. Da weder Zeitpunkt noch Art und Weise der Beendigung des Krieges vorhergesagt werden können, müssen wir auch mit einer längeren Verweildauer der Geflüchteten rechnen. Unterstützende Integrationsmaßnahmen müssen wir daher bereits jetzt mitdenken und ermöglichen“, kommentierte Integrationsminister Manfred Lucha die Entscheidung. 

Lucha: Eventuell personelle Verstärkung der Integrationsmanager:innen erforderlich 

Lucha verwies darauf, dass viele der Geflüchteten keine verwandtschaftlichen oder freundschaftlichen Verbindungen in Baden-Württemberg hätten. Ebensowenig kann man davon ausgehen, dass sie Deutsch können. Deshalb will sich das Sozialministerium dafür einsetzen, den Menschen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern. „Wir werden uns dafür einsetzen, die Kommunen sowie die Stadt- und Landkreise bei der Bewältigung dieser Herausforderung auch finanziell zu unterstützen, sodass auf eine eventuell erforderliche personelle Verstärkung im Bereich des Integrationsmanagements reagiert werden kann. Wir setzen hier auf die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kommunalen Landesverbänden“, so Minister Lucha abschließend.

LAKA BW: Therapiebedarf traumatisierter Geflüchteter schon jetzt hoch 

Eine finanzielle und personelle Unterstützung scheint angesichts der Größe der Aufgabe auch geboten. Denn auf die Integrationsmanager kommt einiges zu. Insbesondere für traumatisierte Geflüchtete fehlten schon jetzt Angebote, betont Argyri Paraschaki-Schauer, Leiterin der Geschäftsstelle des Landesverbands der kommunalen Migrantenvertretungen (LAKA BW), gegenüber die:gemeinde. Noch immer müssten Geflüchtete sehr lange warten, um eine Therapie in Anspruch nehmen zu können, sagt sie. 

Traumatisierte Kinder: Hoher Therapiebedarf 

Doch gerade die werden jetzt umso wichtiger. Denn im Gegensatz zu den Jahren ab 2015, als vor allem Männer aus Syrien, Afghanistan und dem Irak nach Deutschland gelangten, kommen aus der Ukraine nun viele Frauen mit kleinen Kindern. Die Aufarbeitung der Kriegstraumata ist gerade bei Kindern und Jugendlicher von herausragender Bedeutung. Die Integrationsmanager, die meisten von ihnen Sozialarbeiter, bringen nicht die entsprechende Qualifikation mit. Nötig wären Psychologen. Wichtig ist der Faktor Therapie nicht zuletzt, damit die Kinder und Jugendlichen so schnell und gut wie möglich in den Alltag in Kita und Schule integriert werden können. 

Sprachbarriere: Dolmetscher und Übersetzer dringend gesucht

Eine große Herausforderung ist außerdem der Faktor Sprache. Zwar habe man es seit 2019 geschafft, Angebote auf Arabisch und anderen Sprachen bereitzustellen, sagt Paraschaki-Schauer. Nun aber rücken Ukrainisch und Russisch in den Vordergrund. Übersetzer und Dolmetscher sind gefragt. Dolmetscher-Pools gebe es zwar, so Paraschaki-Schauer. Nun sei aber zu erwarten, dass alle gleichzeitig angefordert würden. Dazu müssten die Übersetzer angeleitet werden, so die Expertin weiter. Neben diesen akuten Anliegen stehen viele weitere Fragen im Raum: Unter anderem, wie mit dem Impfstatus der Ukrainerinnen und Ukrainer umzugehen ist, die ja so früh wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Impfquote der Bevölkerung des osteuropäischen Staats bei gerade einmal 30 Prozent. 

Derzeit gibt es in Baden-Württemberg 1.200 kommunale Integrationsmanager:innen

Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg 1.200 kommunale Integrationsmanagerinnen und Integrationsmanager. Meist handelt es sich dabei um Sozialarbeiter. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge Angebote zum Deutschlernen, zur Berufsqualifizierung und zur Integration auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Die Stellen wurden 2017 im Rahmen des Förderprogramms Integrationsmanagement geschaffen. Das Programm war der größte von vier Förderbereichen und gilt als Kernstück des Paktes für Integration mit den Kommunen. 

Bislang mindestens 5.600 Ukrainer in Baden-Württemberg, täglich kommen mehr Menschen an

Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine in Baden-Württemberg ist schwer zu fassen. Angaben des Landkreistages zufolge waren am Freitag offiziell 5.600 gemeldet, allerdings geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Justizministerin Marion Gentges sagte am Samstag, es seien 3.000 Geflüchtete in Landeserstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. 

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